Caro-Kann – Tartakower

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 (oder 3.Sd2) dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6+ exf6

In dieser Stellung besitzt Weiß eine Bauernmehrheit auf dem Damenflügel (4 weiße gegen 3 schwarze Bauern), weshalb ein Bauern- oder Leichtfigurenendspiel für Schwarz meistens verloren ist.
Aber vor dem Endspiel hat die Schachgöttin Caissa nun einmal die Eröffnung und das Mittelspiel gesetzt.
Für den Nachteil am Damenflügel erhält Schwarz eine schnelle Figurenentwicklung und nach der kurzen Rochade eine sichere Königsstellung.
Sehr gerne wurde die Variante von Spielern wie z. B. Capablanca, Aljechin und Kortschnoj gewählt.

Durch einige Kurzpartien sehen wir uns ein paar Ideen hinsichtlich der Entwicklung und einige taktische Motive an.

Partie 1: Fortsetzung 6.c3
Partie 2: Fortsetzung 6.Sf3
Partie 3: Fortsetzung 6.Lf4
Partie 4: Fortsetzung 6.Le2
Partie 5: Fortsetzung 6.Se2

Partie Nr. 1:

Scholtens, Edward (- – -) – Blanchard, Jack (2185)
Haarlem, 1997

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sd2
Nach dieser Fortsetzung kann Schwarz das Spiel – ebenso wie nach dem Zug 3.Sc3 – in die Tartakower-Variante überleiten.
3…dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6+ exf6
Die Grundstellung ist auf dem Brett.
6.c3
Dieser Zug, der zunächst das Zentrum stabilisiert gilt heutzutage als Hauptvariante.
6…Ld6 7.Ld3 0-0 8.Df3
Besser ist sicherlich ein Entwicklungszug wie z. B. 8.Se2.
8…Te8+
Möglich ist hier auch 8…c5.
9.Se2 Sd7
Ein typisches Motiv ist in dieser Eröffnung die Überführung des schwarzen Damespringers auf den Flügel auf dem Weiß kurz rochiert hat.
10.0-0 Sf8 11.Sg3
Gut wäre hier 11.Lf4, um den Läufer zu tauschen.
11…Dc7 12.Kh1 Le6 13.Sh5
Weiß ist gewillt, mit seinem Springer Unfrieden zu stiften.
13…Sg6 14.Lxg6 hxg6
Was für eine Rochade! Gleich zwei Doppelbauern vor der schwarzen Majestät.
15.Sg3 f5
Nun fangen die schwarzen Figuren an, mit verheerender Wirkung ins weiße Lager einzudringen.
16.Ld2 Ld5 17.Dd3 f4 18.Se2
Nachdem Schwarz die weißen Figuren genügend zurückgedrängt hat, kann er jetzt zum entscheidenden Schlag ausholen.
Wie sieht dieser aus?

18…Le4!
Nach diesem Läuferzug gab Weiß auf.
0-1
Hier die Begründung:
18…Le4! 19.Dh3 ((19.Dc4 scheitert an 19…b5 20.Db3 f3! 21.Sg3 (Auf 21.gxf3 folgt natürlich 21…Lf3+ 22.Kg1 Lxh2#) fxg2+ 22.Kg1 gxf1D+ -+)) 19…f3! 20.gxf3 Auch andere Fortsetzungen verlieren Material. 20…Lf5 21.Dh5 Txe2 -+

Partie Nr. 2:

Rabbiosi, Carlo (1812) – Salvador, Roland (2469)
Vimercate, 2012

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6+ exf6
Eine Alternative bildet hier der Zug 5…gxf6, mit dem wir uns hier allerdings nicht beschäftigen.
6.Sf3
Dieser natürliche Entwicklungszug gilt neben 6.c3 als meistgespielte Fortsetzung.

6…Ld6 7.Le3 0-0 8.Dd2 Te8 9.0-0-0
Schwarz bleibt seinem natürlichen Entwicklungsschema (…Ld6/…0-0/…Te8) treu.
9…b5
Dies erschwert die Entwicklung des weißen Läufers auf f1 und schafft Raum vor der feindlichen Rochade, der zum Aufmarsch der eigenen Steine genutzt werden kann.
Besser ist allerdings gleich 9…Le6, um 10.d5! zu erschweren.
10.h3
Um die Fesselung des Springers zu vermeiden. Aber der schwarze Plan sieht ganz anders aus!
10…Le6 11.Kb1 Sa6
Nun sehen wir einen weiteren Sinn des Zuges 9…b5. Der Springer, der nun ins Geschehen eingreift, kann nicht eliminiert werden!
12.g4
Verzweiflung und der entscheidende Fehler! Weiß nimmt dem Gegner noch das Feld f5, schwächt aber weiter seine Stellung.
Wie geht nun Schwarz am besten vor?

12…Sb4!
Die weiße Stellung hat zu viele Schwächen, die der Nachziehende nun gnadenlos ausnutzt. Zunächst heißt das Ziel Bauer a2.
13.b3
Eine weitere Lockerung der Position im Lager des Anziehenden.
Bei 13.a3 geschieht 13…Sd5 in Verbindung mit …Tb8/…b4 und …Sc3+ und Gewinn.
13…Ld5
Die nächste Schwäche wird auf Korn genommen – der Springer auf f3.
14.Le2 Da5
Und erneut ist der Bauer auf a2 an der Reihe. Schwarz lässt seinen Gegner nicht zur Ruhe kommen.
15.c3
Um seinen Bauern auf a2 zu decken, räumt Weiß die 2. Reihe, damit seine Dame diese Aufgabe übernehmen kann.
Allerdings hat dies einen negativen Beigeschmack.
15.a4 führt nach 15…bxa4 zur Öffnung der b-Linie und zum Verlust.
15…Le4+
Hiernach gab Weiß auf.
0-1
Hier eine kleine Analyse: 15…Le4+ 16.Ka1 (16.Kc1 Sxa2+ 17.Kb2 Da3+ 18.Ka1 Sb4+ 19.Da2 Dxa2#) 16…Sc2+ 17.Kb1 (17.Kb2 La3+ -+) Sxe3 -+

Partie Nr. 3:

Matrinez, Ayelen (1977) – Asmat, Diana (1974)
Mar del Plata, 2009

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6+ exf6
Unsere Themastellung ist entstanden.
6.Lf4
Mit diesem Zug versucht Weiß die „normale“ Entwicklung des Schwarzspielers durch …Ld6/…0-0 usw. zu behindern.


6…Lf5
Schwarz entscheidet sich zunächst seinen Damenflügel zu entwickeln.
Interessant erscheint hier der Angriff auf den Bauern b2 durch 6…Db6 zu sein.
7.Lc4 Sd7 8.Lb3 Le7 9.d5
Besser als die Brechstange rauszuholen, war hier der einfache Entwicklungszug 9.Sf3.
9…Da5+ 10.c3


10…Sc5!
Ein schöner Springerzug! Der freche Schimmel strebt danach die Felder d3 oder e4 zu okkupieren.
11.Lc4 cxd5 12.Lxd5
Auf 12.b4 folgt 12…Da4 13.Dxa4+ (13.bxc5? Dxc4 -+) 13…Sxa4 14.Lxd5 0-0! 15.Se2 Sxc3! 16.Sxc3 Lb4 17.Tc1 Tac8 18.Ld2 Tfe8+ 19.Kd1 Ted8 mit nachfolgendem …Lxc3 und Rückgewinn der Leichtfigur, wonach Schwarz zwei Mehrbauern besitzt.
12…Sd3+
Da ist er – und dann gleich noch mit einem Doppelangriff!
13.Kf1
Welch´ ein bescheidenes Feld für den Monarchen.
13…Dxd5
13…Sxf4 ist noch stärker. Auf 14.Lf3 könnte dann 14…Td8 15.Dc1 Sd3 16.Dc2 0-0 mit Gewinnstellung folgen.
Mit einer Figur weniger und schlechter Königsstellung ist für Weiß das Ende nahe.
14.Le3 Td8 15.De2
Zu guter Letzt folgt noch ein positioneller Fehler. Welches ist nun der stärkste Zug?


15…Sf4!
Dies bringt die endgültige Entscheidung.
Weiß gab auf.
0-1
Die Varianten nach 15…Sf4! könnten z. B. so aussehen: 16.Lxf4 (16.Df3 Ld3+ 17.Ke1 (17.Se2 18.Lxe2+) 17…Sxg2+ 18.Kd1 oder 18.Kd2 mit Gewinn der Dame durch 18…Le4+.) 16.Ld3 mit Damengewinn.

Partie Nr. 4:

Ernst, Thomas (2455) – Berg, Klaus (2370)
Malmö 1988

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sd2
Neben 3.Sc3 wird auch dieser Zug gespielt, da der weiße Damenspringer nach 3…dxe4 ebenfalls auf e4 „landet“, spielt dies keine Rolle.
3…dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6+ exf6
Die Ausgangsstellung der Variante ist erreicht.
6.Le2
Aktiver sieht der Läufer auf c4 oder d3 aus.

6…Ld6
Schwarz möchte seinen Königsflügel entwickeln.
7.Lf3
Dies war also die Absicht des Weißspielers. Der Anziehende möchte mit seinem Läufer Druck auf die Zentrumsfelder ausüben.
7…0-0 8.Se2 Te8 9.0-0
Programmgemäß entwickeln sich beide Spieler.
9…Dc7!
Ein wichtiger Zug, der die Kontrolle über die Diagonale b8-h2 und speziell über das Feld f4 erlangt.
10.h3 Sd7
Der Beginn eines langzügigen Springermanövers (Sb8-d7-f8-g6-h4), um so weitere Figuren in den Angriff zu bringen.
Auch gut ist 10…Le6.
11.c4
Weiß geht am Damenflügel vor.
Entscheidender ist jedoch immer der Angriff auf der Seite des rochierten Königs!
11…Sf8 12.Sc3 Sg6 13.c5 Lf8 14.b4 Le6 15.Le3 Tad8 16.Da4
Mit seinem letzten Zug attackierte Weiß den Bauern auf a7.
Schwarz kann nun eine Gewinnstellung erlangen. Wie spielt er?

16…Sh4!
Greift den Läufer auf f3 an, mit der Absicht die weiße Rochadestellung zu zerschlagen.
17.Lf3??
Rettet den Läufer und wirft die Partie weg. Nach 17.Dd1 hätte Weiß noch mitspielen können.
Hiernach spielt Schwarz 17…Dc8!, um weiter gegen den weißen Königsflügel vorzugehen.
17…Lxh3!!
Dieses Läuferopfer entscheidet den Tag.
Weiß gab hier auf.
0-1
So hätte die Partie weitergehen können:
17…Lxh3!! 18.d5 ((18.gxh3 Txe3!! 19.Lg4 (19.fxe3 Dg3+ 20.Kh1 Dg2#) 19…Txc3 -+)) 18…Sxg2 19.d6 Dd7 20.Db3 Df5 21.Db1 Sxe3 22.Dxf5 (22.fxe3 Dg5+! -+) Sxf5 -+

Partie Nr. 5:

Carnic, Dejan (2133) – Dunjic, Dragan (2087)
Belgrad, 2011

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sxf6+ exf6
Die Grundstellung der Tartakower-Variante ist erreicht.
6.Se2
Ein eher seltener Zug. Häufiger spielt Weiß an dieser Stelle 6.c3, 6.Sf3 oder 6.Lc4.


6…Ld6 7.Sg3 0-0
Der schwarze Plan ist die schnelle Mobilisierung seiner Streitkräfte und die Sicherung des Königs.


8.Ld3 Te8+
Ein unangenehmes Schach, dass zur Fesselung einer Leichtfigur führt.
9.Le3
Besser war hier 9.Se2, auch wenn dieser Zug ein Tempo verliert.
9…f5!
Droht mit dem Gabelzug …f5-f4 eine Leichtfigur zu gewinnen.
10.Dh5
Weiß sucht sein Heil in einem Mattangriff.
((10.Lxf5 (10.Sxf5 Lxf5 usw.) 10…Lxf5 11.Sxf5 scheitert an dem Doppelangriff durch 11…Da5+.)
10…g6
Verhindert jeglichen Erfolg, und zwingt die Dame sich ein anderes Plätzchen zu suchen.
11.Df3 f4
und Weiß gab auf, da er nun eine Leichtfigur verliert.
0-1