Richter-Weressow

Bei der Richter-Weressow-Eröffnung handelt es sich um eine Eröffnung, die zu den Damenbauernspielen zählt.
Benannt ist die Eröffnung nach dem sowjetischen Meisterspieler Gawriil Nikolajewitsch Weressow (1912–1979), der sie ab 1938 mehrfach auf UdSSR-Meisterschaften anwandte.
Im deutschen Sprachraum ist die Eröffnung nach Kurt Richter mitbenannt. Richter spielte die Eröffnung in den 1920er und 1930er Jahren.
Die Richter-Weressow-Eröffnung entsteht nach den Zügen 1.d4 Sf6 2.Sc3 d5 3.Lg5, wobei auch Zugumstellungen möglich sind.

Dies ist die Grundstellung der Richter-Weressow-Eröffnung

Schwarz kann nun auf verschiedene Arten fortsetzen. Diese Möglichkeiten und die dazugehörigen weißen Pläne schauen wir uns anhand von kommentierten Kurzpartien gleich an.

Empfehlenswert ist die Eröffnung auf jeden Fall für diejenigen, die den Königsangriff lieben und vor Opfern nicht zurückschrecken.

Partie 1: 3…Sbd7 4.f3
Partie 2: 3…Sbd7 4.Dd3
Partie 3: 3…Lf5 4.f3
Partie 4: 3…e6 4.e4 (Französische Verteidigung – Klassisches System (3…Sf6))
Partie 5: 3…c6 4.Dd3

Daneben kann man den Aufbau d4/Sc3/Lg5 auch gegen Königsindisch-Aufbauten (Sf6/g6/Lg7/d6) oder Grünfeld-Aufbauten (Sf6/g6/Lg7/d5) spielen.

Partie 6: 1.d4 Sf6 2.Sc3 g6 3.Lg5 Lg7

Beispielpartie Nr. 1:

Potapova, Jelizaveta (ELO 1947) – Misiuk, Ivona (ELO 1636)
Vilnius, Open, Runde 3, 12.06.2010

1.d4 Sf6 2.Sc3 d5 3.Lg5 Sbd7
Der wichtigste Zug an dieser Stelle.
4.f3
Die andere Möglichkeit um e2-e4 durchzusetzen, ist der Zug 4.Dd3.
4…c6 5.e4
Da ist der böse Geselle!
5…e5 6.dxe5 Sxe5 7.exd5 cxd5 8.Lxf6 Dxf6 9.Sxd5 Dc6??
Dies ist ein Patzer. Wie sollte man ihn beantworten?
10.Lb5! Richtig! 1-0
Falls die Dame den Läufer schlägt, folgt 11.Sc7+ mit Damengewinn.

Beispielpartie Nr. 2:

Hector, Jonny (ELO 2508) – Kirkegaard, Niels (ELO 2029)
Kopenhagen, Politiken Cup, Runde 4, 25.07.2006

1.d4 Sf6 2.Sc3 d5 3.Lg5 Sbd7
Die Hauptfortsetzung. Schwarz deckt den angegriffenen Springer auf f6.
4.Dd3
Mit diesem Zug beabsichtigt Weiß das Zentrum durch e2-e4 zu besetzen. Gleichzeitig räumt der Damenzug das Feld d1, so dass nun die lange Rochade geschehen kann.
Ein anderer Plan ist hier 4.f3 mit folgendem e2-e4.
4…c5 5.O-O-O cxd4 6.Dxd4 e6 7.e4 dxe4
Das Öffnen der d-Linie ist ein schwerer Fehler.
8.Sxe4 Da5 9.Lxf6 gxf6 10.Sxf6+ Sxf6 11.Dxf6 Tg8 12.Lb5+ 1-0

Beispielpartie Nr. 3:

Seyhanoglu, Deniz (ELO 2063) – Tasci, Sabri (ELO 1883)
Istanbul, 11. Istanbul Open, Gruppe A, Runde 8, 07.09.2012

1.d4 Sf6 2.Sc3 d5 3.Lg5 Lf5
Entwickelt den Läufer und verhindert (vorerst) e2-e4.
4.f3
Um e2-e4 durchzusetzen.
4…Sbd7 5.Dd2
Weiß bereitet nun die lange Rochade vor.
5…c5 6.dxc5
Dieses Schlagen ist ein typisches Manöver für die Richter-Weressow-Eröffnung.
Zum einen wird die d-Linie geöffnet und andererseits der schwarze Zug c5-c4 verhindert.
7…Da5 7.O-O-O e6 8.e4
Da taucht er wieder auf.
8…dxe4 9.Lxf6 Sxf6
So weit – so gut, mag sich Schwarz gedacht haben. Aber Weiß hat noch einen giftigen Pfeil im Köcher.
10.Lb5+ 1-0

Beispielpartie Nr. 4:

Ibragimov, Ildar (ELO 2525) – Graf, Rena (ELO 2125)
Aegina, Open, Runde 2, 1994

1.d4 d5
Natürlich kann Schwarz auch zuerst 1…d5 spielen und darauf 2…Sf6 folgen lassen.
2.Sc3 Sf6
Falls Schwarz hier sofort 2…e6 spielt, kann Weiß mit 3.e4 in die Französische Verteidigung mit 3.Sc3 übergehen.
3.Lg5 e6 4.e4
Damit entsteht die Französische Verteidigung nach 3.Sc3.
4…dxe4
Andere Möglichkeiten an dieser Stelle sind 4…Le7 oder 4…Lb4.
5.Sxe4 Sbd7 6.Sxf6+ Sxf6 7.Ld3
Entwickelt den Läufer und stellt gleichzeitig eine kleine Falle.
7…Le7
Hätte hier der Schwarzspieler mit 7…Dxd4?? zugegriffen, wäre ihm dies schlecht bekommen. 8.Lb5+ gewinnt Weiß mit die Tante.
8.Sf3 O-O 9.De2 b6??
Es ist verständlich, dass Schwarz gerne seinen Damenläufer entwickeln möchte. 9…b6 ist allerdings ein schwerer Fehler.
10.Lxf6! 1-0
Schwarz gab auf, da nach dem erneuten Schlagen auf f6 der Weißspieler mit 11.De4 (Doppelangriff auf den Punkt h7 und den ungedeckten Turm auf a8) Material gewinnt.

Beispielpartie Nr. 5:

Bitinas, Audrius (ELO 2178) – Grybas, Gintaras (ELO 2026)
Various City, Runde 2, 21.11.2010

1.d4 Sf6 2.Sc3 d5 3.Lg5 c6 4.Dd3 g6 5.f3 Lg7 6.O-O-O O-O 7.g4
Eine weitere Idee des Zuges f2-f3 ist die Unterstützung des Vorstosses des g-Bauern. Dieser Plan kann sehr gut gegen Fianchettostellungen (g6/Lg7) angewendet werden.
7…Dc7 8.De3
Ein kleiner Sidestep, um den Läufer auf g5 zu unterstützen.
8…b5 9.h4
Dieser Vormarsch dient der Öffnung der h-Linie.
9…Le6 10.h5 Sbd7 11.hxg6 hxg6 12.Lh6
Strebt den Tausch der Läufer an, um die Felder in der Rochade zu schwächen.
12…Se8 13.Sh3 Lxh6??
Man sollte als Verteidiger nach Möglichkeit nicht schlagen, sofern es nicht erforderlich ist.
14.Dxh6
Nun kommt die Dame auf das wichtige Feld h6.
14…f6 15.Sg5! 1-0
Ein schöner Zug, der die h-Linie für die Batterie Dame und Turm öffnet und das Matt einläutet. Schwarz gab auf.

Beispielpartie Nr. 6:

Leme, Kelvin Secundini Tavares – Tonette, Janaine Gusmao
Foz do Iguacu, Runde 4, 2008

1.d4 Sf6 2.Lg5
Eine kleine Zugumstellung. Eigentlich handelt es sich hier um den Trompowsky-Angriff. Aber nach dem späteren 3.Sc3 geht das Spiel in die Richter-Weressow-Eröffnung über. Der Trompowsky-Angriff wird mit Sd2 gespielt.
2…g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6
Schwarz wählt einen Königsindischen Aufbau.
5.Dd2 O-O 6.Lh6
Platziert den Läufer auf h6, um ihn im geeigneten Moment gegen seinen Opponenten auf g7 zu tauschen. Außerdem legt Weiß mit diesem Zug den schwarzen h-Bauern fest, so dass diesem ein Vorrücken nicht möglich ist.
6…Sbd7 7.h4
Dieser Vorstoß ist ein wirksames Mittel gegen die Königsfianchettostellung von Schwarz. Weiß beabsichtigt damit die Öffnung der h-Linie.
7…c5
Schwarz versucht mit einem Gegenschlag im Zentrum Gegenspiel zu bekommen.
8.h5
Weiß zeigt sich hiervon unbeeindruckt und setzt seinen Königsangriff fort.
8…cxd4
Wer wird schneller sein? Der Wettlauf beginnt!
9.hxg6
Hübsch! Weiß lässt sich nicht beeindrucken und opfert seinen Springer.
9…dxc3
Zuviel Fressen ist meist nicht gut. Man verdirbt sich nur den Magen.
10.gxh7+
Das entscheidende Schach!
10…Sxh7
Wenn der schwarze Monarch nach h8 ausweicht, folgt:
10…Kh8 11.Lxg7+ Kxg7 12.h8=D+ Txh8 (12…Kg6 13.Ddh6#) 13.Dg5+ Kf8 14.Txh8+ Sg8 15.Dxg8# (15.Txg8#)
11.bxc3 Da5
Zu gerne möchte Schwarz als nächstes 12…Lxc3 spielen. Doch Weiß kommt ihm mit einem Mattangriff zuvor.
12.Lxg7 Kxg7
Auf 12…Td8 kann Weiß mit 13.Dh6 antworten.
13.Dh6+ 1-0
Da Schwarz im nächsten Zug mattgesetzt wird.

Wer durch diese Kurzpartien auf den Geschmack gekommen sein sollte, der kann gerne Zwecks eines kleinen Trainings auf mich zurückkommen.