Mittelgambit

Das Mittelgambit zählt zu den Offenen Spielen (1.e4 e5) und entsteht nach den Zügen
1.e4 e5 2.d4 exd4.

Genau genommen handelt es sich nicht um ein Gambit, da immer noch die Möglichkeit besteht, den Bauern durch das Schlagen mittels 3.Dxd4 einfach zurückzugewinnen.
Von einem richtigen Gambit können wir erst nach z. B. 3.c3 reden.
Dennoch bevorzugt man den Ausdruck „Gambit“, da die Bezeichnung „Mittelspiel“ für den mittleren Abschnitt einer Schachpartie verwendet wird.
Nach dem Schlagen auf d4 stehen Weiß verschiedene Fortsetzungen zur Verfügung.
Teilweise können diese in andere Eröffnungen übergehen.

3.Dxd4
Diese Fortsetzung kennzeichnet das Mittelgambit.
Hierneben bestehen auch andere Möglichkeiten, wie z. B. 3.f4 (Halasz-Gambit) oder 3.c3 (Nordisches Gambit).
Bei 3.Sf3 geht das Spiel in andere Eröffnungen über:
3. … Lf8-c5 oder 3. … Sb8-c6 (Schottische Partie)
3. … d7-d6 (Philidor-Verteidigung)
3. … Sg8-f6 (Russische Verteidigung)

3…Sc6
Die logische Erwiderung auf den letzten weißen Zug.
Schwarz entwickelt eine Leichtfigur mit Tempo durch den Angriff auf die weiße Dame.

4.De3
Damit haben wir die Hauptvariante des Mittelgambits auf dem Brett.
Eine andere Idee ist 4.Da4 (Skandinavische Verteidigung mit vertauschten Farben und Mehrtempo).

4…Sf6 5.Sc3 Lb4 6.Ld2 O-O 7.O-O-O
Verschiedene Rochaden versprechen ein scharfes Angriffsspiel. Da beide Parteien ihre Bauern mit in den Kampf einbinden können und auf diesem Flügel nicht die Sicherheit ihres eigenen Königs achten müssen.

7…Te8
Nutzt die exponierte Stellung der Dame.

8.Lc4
Weiß bietet seinen e-Bauern zum Schlagen an. Vielleicht nicht unbedingt der beste, aber ein recht chancenreicher Zug für Weiß.
Die moderne Variante lautet 8.Dg3 Txe4 9.a3 und wenn 9… La5 dann 10.Le2.

8…Lxc3?!
Besser ist 8…d6 9.f3 Sa5 10.Lb3 Sxb3+ 11.axb3 a5!, Schwarz erhält Gegenspiel durch das Öffnen der a-Linie (Romero Holmes-Karpow, Madrid 1992).

9.Lxc3 Sxe4
9…Txe4 ist schlecht, weil nach 10.Lxf6 Txe3 11.Lxd8 und einem Rückzug des schwarzen Turmes Weiß seine Figur durch Lxc7 mit einem klar überlegenen Spiel zurückgewinnt.

Wir folgen nun der Meisterpartie Winawer-Steinitz, Nürnberg, 1896, und sehen, wie Weiß seinen Angriff in einen Sieg ummünzt.

10.Df4 Sf6 11.Sf3 d6 12.Sg5 Le6 13.Ld3 h6
Diese Position ist nicht ganz klar, aber Schwarz steht eine schwere Verteidigung bevor. Wir sehen wie risikoreich es war, auf Bauerngewinn zu spielen.

14.h4!
Ein starker Zug, da ein Schlagen des Springers zu einem sehr starken Angriff (siehe Anmerkung im 14. Zug von Schwarz) führt.

14…Sd5
14…hxg5 ist riskant. Nach 15.hxg5 kann das Spiel wie folgt weitergehen:
15…Sg4
Oder 15…Sd5? 16.Th8+! Kxh8 17.Dh4+ Kg8 18.Lxg7! Kxg7 19.Dh6+ Kg8 20.Th1.
16.Le2 Sce5 17.Th5 Sg6 18.Dd4 S4e5 19.f4 Lg4 20.Lxg4 c5 21.De3 Sxg4 22.Df3 Dd7 23.f5 S6e5 24.Tdh1 f6 25.Lxe5 Sxe5 26.Dd5+ Kf8 27.gxf6 gxf6 28.Th8+ Ke7 29.T8h7+ Kd8 30.Txd7+ Sxd7 31.Th7 1-0 Salmensuu-Norri, Finnland 1998.

15.Lh7+ Kh8 16.Txd5 Lxd5

17.Le4!
Droht 18.Sxf7+ Lxf7 19.Dxh6+.

17…f6??
Schwarz musste 17…Txe4! versuchen z.B. 18.Sxe4 (18.Sxf7+? Kg8!) 18…Se5 (Nicht 18… Lxe4?? 19.Dxh6+ mit weißem Gewinn.) 19.Sxd6! Dxd6 (19…cxd6 20.Td1!) 20.Lxe5 Dc6 21.Td1 und jetzt:
a) 21…Le4! gilt als beste Fortsetzung. Aber nach 22.Lc3 hat Weiß immer noch einige Gewinnchancen.
b) 21…Lxa2 22.Td6! Dxg2 mit unklarer Stellung. Natürlich nicht 22…cxd6?? wegen 23.Dxh6+.

18.Lxd5 fxg5 19.hxg5 Se5 20.g6! und 1-0
Wilhelm Steinitz (Weltmeister 1886 bis 1894) gab hier wegen der tödlichen Drohung Txh6+ auf.