Französisch-Tarrasch

In dieser Rubrik beschäftigen wir uns mit dem Tarrasch-System in der Französischen Verteidigung. Es entsteht nach den Zügen 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2.

Der deutsche Großmeister Siegbert Tarrasch führte den Springerzug 3.Sd2 um 1889 in die Turnierpraxis ein.
Weiß verhindert damit die Fesselung des Springers auf c3, die ansonsten wie sie in anderen System und Varianten der Französischen Verteidigung (Winawer-System oder MacCutcheon-Variante) auftauchen könnte.
Zudem bleibt das weiße Zentrum flexibel und man kann dem thematischen Hebel c7-c5 mit c2-c3 zu begegnen, was den Bauern d4 stützt.
Die Nachteile sind der vermindertem Zentrumseinfluss und die Blockade des Läufers auf c1.

Schwarz hat nun eine Reihe von Antwortzügen. Hierbei sind die wichtigsten die Abspiele mit 3…c5 und 3…Sf6.
Wir untersuchen hier den Zug 3…Sf6.

3…Sf6
Schwarz greift den weißen Bauern auf e4 ein zweites Mal an und provoziert dessen Vormarsch nach e5.

Stellung nach 3…Sf6

Weiß hat nun mehrere Möglichkeiten.

4.e5
Greift den Springer auf f6 an, der sich nunmehr ein neues Feld suchen muss.
In circa 95 Prozent aller Partien wird so fortgesetzt. Andere Abspiele sind hier:
A) 4.Ld3 c5 5.c3 Bei 5.e5 Sfd7 6.c3 Sc6 geht das Spiel in die Hauptvariante über.
5…Sc6 6.Sgf3 Auch nach 6.e5 Sd7 entsteht die Hauptvariante.
Nach den weiteren Zügen 6…a6 7.O-O cxd4 8.cxd4 steht Schwarz gut.
B) 4.exd5 exd5 5.Sgf3 Le7 6.Ld3 O-O 7.O-O Lg4 und Schwarz hat ein angenehmes Spiel.
und
C) 4.Sgf3 Le7 5.e5 Sfd7 6.Ld3 c5 7.c3 Sc6 ergibt erneut die Hauptvariante.

4…Sfd7
Dies ist das sicherste Feld für den Springer.

Stellung nach 4…Sfd7

Weiß hat nun zwei grundlegende Vorgehensweisen. Er kann hier mit f2-f4 oder ohne f2-f4 spielen.

5.Ld3
Diese „normale Fortsetzung“ in der Figurenentwicklung gilt nach wie vor als Hauptvariante.
Hin und wieder wird auch gleich der Zug 5.c3 gespielt, da Schwarz sowieso zu …c7-c5 greift.
Die Zentrumsvariante 5.f4 gibt Weiß ein imposantes Bauerngebilde. Allerdings verliert auch der König etwas von seinem Schutz
(Raum vor dem weißen König und Öffnung der Diagonale e1-h4).
Hier ein warnendes Beispiel auf Großmeisterebene:
1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2 Sf6 4.e5 Sfd7 5.f4 c5 6.c3 Sc6 7.Sdf3 Db6 8.h4 cxd4 9.cxd4 Lb4+ 10.Kf2 f6 11.Kg3 O-O 12.Ld3 Sxd4 13.Sxd4 fxe5 14.fxe5 Sxe5 15.Lc2 Sg6 16.Lxg6 hxg6 17.Sde2 Df2+ 18.Kh3 Ld6 19.Db3 e5+ 20.Kh2 Dxh4+ 21.Sh3 Lxh3 0-1, Ljubojevic-Gurevich, Linares 1991.

5…c5
Einer der typischen Hebel im Franzosen. Der andere ist …f7-f6.
Schwarz greift den Basisbauern (letzter Bauer in einer Bauernkette) an, möchte ihn gerne schlagen, und so den Bauern auf e5 schwächen.

6.c3
Natürlich möchte Weiß diesem Vorhaben entgegensteuern. Nach …cxd4 folgt kann nun ein abermaliges Schlagen auf d4 erfolgen, wonach der e5-Bauer wieder gefestigt wird.

6…Sc6
Schwarz entwickelt seinen Damenspringer auf das c6, von wo er die weißen Zentrumsbauern auf d4 und e5 angreift.
Diese Stellung sollte sich der Lernende einprägen.

Es folgen nun noch ein paar Partien. Hier kann sich weitere Motive und Pläne in der Tarrasch-Verteidigung anschauen.
Viel Spaß beim Nachspielen!

Partie 1:

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2 Sf6 4.e5 Sfd7 5.c3 c5 6.Ld3 Sc6 7.Se2 cxd4 8.cxd4 f6 9.exf6 Sxf6 10.Sf3 Ld6 11.O-O Dc7 12.Sc3 a6 13.Lg5 O-O 14.Lh4 Sh5 15.Te1 g6 16.Tc1 Dg7 17.Lb1 Ld7 18.Lg3 Sxg3 19.hxg3 g5 20.Dd3 Tf7 21.Tcd1 Taf8 22.Td2 Kh8 23.Sd1 Lc7 24.De3 Txf3 25.gxf3 Lf4 0-1, Kudrin-Kortschnoj, Beersheba 1984.

Partie 2:

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2 Sf6 4.e5 Sfd7 5.c3 c5 6.f4 Sc6 7.Sdf3 Db6 8.h4 cxd4 9.cxd4 Lb4+ 10.Kf2 f6 11.Le3 fxe5 12.fxe5 O-O 13.Ld3 Sxd4 14.Se2 Sxe5 15.Lxd4 Sg4+ 16.Kg3 Dd6+ 17.Kxg4 e5+ 18.Kg3 exd4+ 19.Kf2 Lg4 20.Tc1 Tae8 21.Sxd4 La5 22.b4 Dxb4 23.Kg3 h5 24.Tb1 Lc7+ 0-1, Saltaev-Gurevich, Cappelle la Grande 2001.