Französisch-MacCutcheon

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Lb4

Diese Variante der Französischen Verteidigung trägt den Namen des amerikanischen Schachspielers John Lindsay MacCutcheon, der sie 1885 in einer Simultanpartie gegen Wilhelm Steinitz in New York erstmals spielte und die Partie in 28 Zügen gewann.
Gerne gespielt wurde sie in der Folgezeit von den Weltmeistern Capablanca und Aljechin.
Später war die MacCutcheon-Variante im Eröffnungsrepertoire von Petrosjan, Kortschnoj, Iwantschuk und Morosewitsch zu finden.
Heutzutage ist sie eine beliebte Waffe von Hikaru Nakamura.

Wir werden uns nun ein bisschen mit der Eröffnungstheorie beschäftigen.

5.e5
Dieser Vorstoß mit dem e-Bauern gilt Hauptfortsetzung.
Andere Abspiele mit siegreichen Schwarzpartien zwischen Meisterspielern sind:
A) 5.exd5 Dxd5 6.Lxf6 Lxc3+ 7.bxc3 gxf6 8.Dd2 Sd7 9.Sf3 Sb6 10.Le2 Ld7 11.O-O Tg8 12.Df4 f5 13.Se1 O-O-O 14.Lf3 Da5 15.Sd3 Dxc3 16.Sc5 Lc6 17.Lxc6 bxc6 18.Sb3 Sd5 19.De5 Df3 20.g3 Sf4 0-1, Grigoriew-Werlinski, Odessa 1929.
B) 5.Ld3 c5 6.e5 h6 7.Ld2 cxd4 8.Sb5 Lxd2+ 9.Dxd2 Sfd7 10.Sd6+ Kf8 11.Df4 f6 12.exf6 gxf6 13.Sxc8 e5 14.Df3 e4 15.Lxe4 dxe4 16.Da3+ Kg7 17.Sd6 Sc6 18.O-O-O Sde5 19.Se2 d3 20.f4 exf3 e. p. 21.gxf3 Da5 22.Thg1+ Kh7 23.Txd3 Thg8 24.Tb3 Txg1+ 0-1, Marshall-Aljechin, St.Petersburg 1914.
C) 5.Lxf6 Dieser Tausch ist unmotiviert. Es besteht kein Grund für die Aufgabe des Läuferpaares. Nach 5…Dxf6 6.e5 Dd8 7.a3 Le7 steht Schwarz gut.
D) 5.Se2 h6 6.Lxf6 Dxf6 7.a3 La5 8.b4 Lb6 9.e5 De7 10.Sa4 Ld7 11.c3 O-O 12.Sf4 Le8 13.g3 f6 14.exf6 Dxf6 15.Ta2 Sc6 16.h4 Lf7 17.Lg2 Tad8 18.O-O e5 19.dxe5 Sxe5 20.Sxd5 Dd6 21.c4 Sxc4 22.Sac3 Dxg3 23.De2 Txd5 24.Dxc4 Td6 0-1, Hector-Glek, Kopenhagen 1995.

5…h6
Damit befragt Schwarz den Läufer auf g5 und entkräftet gleichzeitig den Angriff auf f6.

6.Ld2
Dies wird mit Abstand am häufigsten gespielt. Weiß erhält sich (zunächst) das Läuferpaar.
Andere Fortsetzungen, die in der Turnierpraxis bereits gespielt wurden sind:
A) 6.exf6 hxg5 7.fxg7 Tg8 8.h4 gxh4 9.Dg4 Le7 10.g3 c5 11.O-O-O Sc6 12.dxc5 Da5 13.Kb1 e5 14.Dh5 Le6 15.Sxd5 Lxd5 16.Txd5 Sb4 17.Txe5 Dxa2+ 18.Kc1 O-O-O 19.Ld3 Da1+ 20.Kd2 Dxb2 21.Ke3 Lf6 22.Df5+ Kb8 23.Te4 Txd3+ 24.cxd3 Ld4+ 25.Kf4 Dxf2+ 0-1, Grigoriew-Aljechin, Moskau 1915.
B) 6.Lc1 Se4 7.Dg4 g6 8.Se2 c5 9.a3 La5 10.dxc5 Dc7 11.b4 Sxc3 12.Df4 Se4 13.f3 Sxc5 14.Df6 Th7 15.Sd4 Scd7 16.Df4 Dc3+ 0-1, Mikalsen-Tikkanen, London 2011.
C) 6.Le3 Se4 7.Dg4 g6 8.a3 Lxc3+ 9.bxc3 c5 10.Ld3 cxd4 11.cxd4 Da5+ 12.Ke2 Ld7 13.f3 h5 14.Dh4 Sc3+ 15.Kf2 Lb5 16.Lxg6 fxg6 17.Df6 Se4+ 18.fxe4 Tf8 0-1, Byrne-Shipman, New York 1946.
D) 6.Lxf6 gxf6 7.Sf3 Sd7 8.exf6 Dxf6 9.a3 Lf8 10.De2 c6 11.g3 Lg7 12.Lg2 O-O 13.O-O e5 14.dxe5 Sxe5 15.Sxe5 Dxe5 16.Dd2 Lf5 17.Tfe1 Dd4 18.Tad1 Dxd2 19.Txd2 Tfe8 20.Tde2 Kf8 21.Lf3 Lxc2 0-1, Agur-Dreev, Oviedo 1991.
E) 6.Lh4 g5 7.Lg3 Se4 8.Se2 h5 9.f3 Sxg3 10.hxg3 Ld7 11.Dd2 Le7 12.g4 h4 13.g3 c5 14.gxh4 Sc6 15.De3 Db8 16.O-O-O cxd4 17.Sxd4 Dxe5 18.Dxe5 Sxe5 19.h5 a6 20.Ld3 Lc5 21.Sce2 O-O-O 22. c3 Tdg8 23.Lc2 Th6 24.The1 Tf6 25.Sg1 Sc6 26.Tf1 Kc7 27.Kb1 Se5 28.a4 Kd8 29.b3 Ke7 30.Sge2 b5 31.b4 Lxd4 32.Sxd4 bxa4 33.Tde1 Kd6 34.Kb2 Lb5 0-1, Stukopin-Nakamura, Las Vegas 2015.

6…Lxc3
Schwarz eliminiert den Springer, da dieser das Feld e4 überwacht.

7.bxc3
Damit entsteht eine typische Französische Bauernstruktur mit dem weißen Doppelbauern auf der c-Linie.
Die Alternative bildet hier:
7.Lxc3 Se4 8.Lb4 c5 9.Lxc5 Sxc5 10.dxc5 Da5+ 11.c3 Dxc5 12.Dd4 Dc7 13.Sf3 Sc6 14.Lb5 O-O 15.Lxc6 bxc6 16.b4 La6 17.Kd2 Tac8 18.Dc5 f6 19.The1 fxe5 20.Sxe5 Tf5 21.De3 c5 22.Tac1 cxb4 23.cxb4 d4 24.Dg3 Dd6 25.Txc8+ Lxc8 26.Sd3 Dd5 27.Tc1 La6 28.Sc5 d3 29.Sb3 De4 30.Db8+ Tf8 31.Dxa7 De2+ 32.Kc3 d2 33.Tg1 Tc8+ 34.Sc5 Dc4+ 35.Kb2 Dxb4+ 36.Sb3 Dc3+ 37.Ka3 Le2 0-1, Bogoljubow-Réti, Kiel 1921.

7…Se4
Schwarz installiert den für die MacCutcheon-Variante typischen „Vorpostenspringer“ (Ausdruck von Nimzowitsch) auf e4.

8.Dg4
Damit greift Weiß den ungedeckten Bauern auf g7 an.
In circa 85 Prozent aller Partien wird so fortgesetzt. Dennoch gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten. Hier nur einige davon:
A) 8.Ld3 Sxd2 9.Dxd2 c5 10.f4 Sc6 11.Sf3 Da5 12.Tb1 c4 13.Le2 Dxa2 14.O-O Da5 15.Sh4 Se7 16.g4 g6 17.Kh1 Dc7 18.Sg2 Ld7 19.Se3 O-O-O 20.Dc1 b6 21.Da3 Tde8 22.Tg1 Kb8 23.Lf3 f6 24.exf6 Sc8 25.Tgf1 g5 26.f5 h5 27.gxh5 exf5 28.Sxd5 Dd6 29.Dxd6+ Sxd6 30.Tbe1 Le6 31.Te5 Lf7 32.Tfe1 g4 33.Lg2 Lxh5 34.Sb4 Th7 35.Sc6+ Kc8 36.Sxa7+ Txa7 37.Ld5 Kd8 38.Lc6 Tf8 39.Te6 Se8 40.T1e5 Ta1+ 41.Kg2 Txf6 42.Td5+ Kc7 43.Td7+ Kc8 44.Txf6 Sxf6 45.Td6 Se8 0-1, Zagorovsky-Kortschnoj, Minsk 1952.
B) 8.Sf3 c5 9.dxc5 Dc7 10.Ld3 Dxc5 11.O-O Sxd2 12.Dxd2 O-O 13.Tfb1 b6 14.Tb4 f5 15.exf6 e. p. Txf6 16.Te1 Sc6 17.Th4 Ld7 18.h3 Taf8 19.Te2 b5 20.Sh2 e5 21.g4 e4 22.Lxe4 dxe4 23.Dxd7 Txf2 24.De6+ T2f7+ 25.Kh1 Sd8 26.Dxe4 Tf1+ 0-1, Aalbersberg Kroon-Benitah, Salou 2006.
C) 8.h4 c5 9.Dg4 g6 10.Ld3 Sxd2 11.Kxd2 Da5 12.Th3 Tg8 13.Df4 cxd4 14.Ke2 dxc3 15.Dxh6 Dc7 16.f4 De7 17.Tb1 Sc6 18.Sf3 a6 19.Tg3 Df8 20.Dg5 Th8 21.Df6 Se7 22.Dg5 Th5 23.Dg4 Dh6 24.Th3 Sc6 25.Sg5 Tb8 26.Tb6 Ta8 27.Dg3 Dg7 28.De3 Df8 29.g4 Th6 30.h5 gxh5 31.Sh7 Dg7 32.Sf6+ Txf6 33.exf6 Dxg4+ 34.Kf2 e5 35.f5 e4 36.Le2 Dxf5+ 37.Ke1 Dxh3 38.Dg5 De6 39.Lxh5 Kd8 40.Dg8+ Kc7 41.Txc6+ bxc6 42.Dg7 Ld7 0-1, Jaulin-Benitah, Royat 1997

8…g6
Die Alternative hierzu ist 8…Kf8.

9.Ld3
Postiert den Königsläufer auf das wirksamste Feld und greift den Vorposten auf e4 an.
Vor 9.h4 mit der Idee des Vorstoßes h5 braucht sich Schwarz nicht zu fürchten. Er spielt einfach 9…c5 und nach 10.h5 folgt einfach 10…g5.

9…Sxd2
Natürlich muss Schwarz den Springer tauschen. Andererseits wird das weiße Läuferpaar vernichtet und Weiß verbleibt im Besitz des Doppelbauern.

10.Kxd2
Was sonst?!

10…c5
Schwarz leitet nun den Angriff gegen den geschwächten weißen Damenflügel ein. Hierzu steht im das Manöver …c7-c5/Sb8-c6/Dd8-a5 zur Verfügung.
Wer diese Variante gerne spielen möchte, der schaue sich die hier aufgeführten Partien an und merke sich die Motive.

Stellung nach 10…c5